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Vertraulichkeit
Wie wird die Vertraulichkeit im Rahmen der INREV-Richtlinien für Corporate Governance behandelt und wie gehen Sie mit dem Konflikt zwischen dem Schutz sensibler Informationen über Ihre Anleger und der Notwenigkeit zu vollkommener Transparenz um?
Die INREV-Branchenstandards berühren verschiedene Bereiche der Vertraulichkeit:
- Das Corporate-Governance-Modul: Grundsatz Nummer 7 befasst sich mit Vertraulichkeit und Grundsatz Nummer 5 mit Transparenz.
- Die Due-Diligence-Fragebögen (Due Diligence Questionnaires - DDQ) von INREV behandeln die Vertraulichkeit im Laufe von Assessment-Verfahren.
- INREV handhabt eine standardisierte Geheimhaltungsvereinbarung (Non-Disclosure Agreement - NDA), um die Vielzahl der unterschiedlichen NDAs zu ersetzen, die derzeit in der Branche verwendet werden.
Wenn man diese drei Quellen betrachtet, muss man sich fragen, welche Position die INREV-Standards einnehmen, um das Dilemma zwischen Vertraulichkeit und Transparenz im Rahmen von nicht börsennotierten Immobilienanlagevehikeln zu lösen.
Das Corporate-Governance-Modul stützt sich auf sieben Grundsätze. Grundsatz 5 befasst sich mit der Transparenz und setzt sich für den freien Informationsfluss zwischen allen beteiligten Parteien eines Anlagevehikels ein, um es den Anlegern zu ermöglichen, die Leistung des Vehikels und seine Konformität mit der Vehikelstrategie nachzuvollziehen. Die Best Practices für dieses Modul sehen sogar vor, dass die Bedingungen von individuellen Zusatzvereinbarungen allen Anlegern offenbart werden, um somit für vollkommene Transparenz zwischen den Anlegern zu sorgen.
Grundsatz 7 befasst sich mit der Vertraulichkeit und richtet sich hauptsächlich auf die vertrauliche Behandlung von wirtschaftlich sensiblen Informationen. Diese Informationen sollten geheim gehalten werden und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Offensichtlich widersprechen sich diese beiden Grundsätze teilweise. Das Corporate-Governance-Modul löst diesen Konflikt durch die Erklärung, dass die beiden Positionen immer gegeneinander abgewägt werden müssen und dass die Transparenz im Falle eines Konflikts grundsätzlich vorrangig behandelt wird.
Neben dieser deutlichen Priorisierung erkennt INREV jedoch die Notwendigkeit zu vertraulichen Vereinbarungen unter bestimmten Bedingungen an und bietet dafür eine standardisierte Geheimhaltungsvereinbarung an. Eine verstärkte Standardisierung unter Anwendung eines Templates sorgt für einen effizienteren Ausgleich zwischen Vertraulichkeit und Transparenz.
Die INREV-DDQs fordern Einschränkungen der Geheimhaltung des Managers bezüglich der Offenlegung von Informationen über die Due Diligence von potenziellen Kunden den aktuellen Anlegern gegenüber zu offenbaren.
Die praktischste Beschreibung darüber, wie die Grundsätze ausgelegt werden sollten, findet sich vermutlich in den Best Practices, die im Corporate-Governance-Assessment-Tool aufgeführt sind. Eine verantwortungsvolle Governance zeichnet sich dadurch aus, dass alle Anleger an dieselbe Geheimhaltungsklausel gebunden sind und dass diese Klausel sehr deutlich dargelegt wird, damit alle Anleger die Bedingungen kennen, unter denen sie das Vehikel zeichnen. Es ist entscheidend, dass die Bedingungen in den Marketingdokumenten des Vehikels aufgeführt sind, damit Anleger darüber Bescheid wissen, wenn sie ihre endgültige Investitionsentscheidung treffen. Die ungleiche Behandlung von Geheimhaltungsvereinbarungen wird lediglich als akzeptabel betrachtet und das vollständige Fehlen einer Geheimhaltungsvereinbarung gilt nur in Ausnahmesituationen als akzeptabel.
Im Hinblick auf den Investmentmanager gilt es als Best Practice, Beschränkungen bezüglich der Geheimhaltung anzuwenden, die in den Anlegebedingungen festgelegt werden. Die Bedingungen sollten es potenziellen Anlegern ermöglichen, Informationen zu erhalten, ohne dafür zuerst eine Geheimhaltungsvereinbarung zu zeichnen. Ein Governance-Framework, das den letztgenannten Aspekt nicht berücksichtigt, ist nur dann akzeptabel, wenn der Manager außerordentliche Gründe dafür hat. Auch das vollständige Fehlen von Einschränkungen bezüglich der Geheimhaltung wird ausschließlich als akzeptable Corporate Governance betrachtet.
ZUSAMMENFASSUNG
Der oberste Grundsatz der Corporate-Governance-Richtlinien lautet, dass nicht öffentlich verfügbare Informationen im Zusammenhang mit dem Vehikel und den Interessen des Anlegers (Kunden) am Vehikel grundsätzlich vertraulich behandelt werden.
Allerdings ergibt sich manchmal ein Konflikt zwischen der Notwendigkeit, die Geheimhaltung zu wahren und der Notwendigkeit, die Transparenz sicher zu stellen. Im Falle eines solchen Konflikts sollte die Erforderlichkeit der Transparenz Vorrang haben. In der Praxis könnte das folgendermaßen aussehen:
- Es sollte ein freier Informationsfluss zwischen vorhandenen Anlegern und dem Fonds bestehen. Die Fondsdokumentation sollte eine beidseitig bindende Vertraulichkeitsverpflichtung enthalten.
- Sollte eine geschäftliche Notwendigkeit dazu bestehen, die Informationen an Personen außerhalb der Anlegergruppe weiterzugeben, beispielsweise einem potenziellen neuen Anleger, der am Kauf einer Zweitposition interessiert ist, sollte der Fondsmanager in der Fondsdokumentation deutliche Angaben dazu finden, unter welchen Bedingungen und Umständen diese Informationen zur Verfügung gestellt werden dürfen.
- Eine Bedingung könnte beispielsweise sein, dass der Anleger bestimmte Zulassungsqualifikationen für das Anlagevehikel erfüllt (z. B. Überprüfung des Mindestvermögens, Steuerposition etc.).
- Dann kann der Fondsmanager die vertraulichen Informationen weitergeben, vorausgesetzt, die externe Partei hat eine NDA diesbezüglich unterschrieben.